Presseartikel der Krisenintervention und Notfallseelsorge in Barnim / Brandenburg.
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Berliner Kurier vom 31.Januar 1999

Krisenkommando für die Seele in Not

Engel aus Barnim helfen bei Selbstmordgefahr & Katastrophen

Von Stefan Dörr

Bei Auto-Unfällen helfen sie Angehörigen über den ersten großen Schmerz hinweg. Sie haben immer ein offenes Ohr für Menschen in größter Not. Wenn Vergewaltigungsopfer und Selbstmordgefährdete den Boden unter den Füßen verlieren, leisten die 23 Mitarbeiter des "Kriseninterventionsdienstes und Notfallseelsorge" (Kid) in Barnim Erste Hilfe für die Seele. Die Betreuer sind rund um die Uhr im Einsatz: Sie hören zu, sind die Schulter zum Anlehnen, spenden Trost. Und retten damit Menschenleben.

Ein regnerischer Freitag abend im März, 22 Uhr: In Schlangenlinien kurvt Werner K. seinen Renault durch Bernau, bricht hinterm Steuer immer wieder in Tränen aus. Als er einen Streifenwagen passiert, ist die Sache für die Beamten klar: "Der Mann war sturzbetrunken", erinnert sich Herbert Hepke (58), Polizei-Direktor im Schutzbereich Bernau."Er wollte sich umbringen, gegen einen Baum fahren. Wir setzten ihn erst mal in die Ausnüchterungszelle."Doch die Gründe für den geplanten Selbstmord quälen Werner K. auch am Tag danach: Ihm drohte der Rausschmiß in der Firma, eine unsichere Zukunft. Das war Werner K. zuviel."Er brauchte Hilfe. Doch Polizeibeamte haben rechtlich keine Möglichkeit, sich weiter um Selbstmord-Kandidaten zu kümmern", so Hepke.

Stundenlang zuhören

In solchen Fällen greifen Bernauer Polizisten seit November '97 zum Hörer, wählen die Nummer des "Kriseninterventionsdienstes und Notfallseelsorge" (Kid) in Barnim. Zur Zeit sind 23 ehrenamtliche Mitarbeiter rund um die Uhr im Einsatz, um Menschen in Not zu helfen."Ich redete stundenlang mit Werner K., hörte ihm zu", erinnert sich Diakon Peter Dudyka (42)."Dann fuhren wir zusammen zum Arbeitgeber, konnten die Kündigung stoppen."

Das Team aus Sozialarbeitern, Krankenschwestern, Pfarrern und Psychologen ist in Notfällen Erste Hilfe für die Seele."Bei Unfällen wuseln Einsatzkräfte herum, Polizisten nehmen Protokolle auf. Und mitten im Durcheinander sitzen Angehörige der Opfer. Verzweifelt, allein gelassen", sagt Krankenschwester Kathrin Böwing (31)."Dabei haben sie gerade ihren Mann oder ihre Freundin verloren."

Sie selbst weiß, was ein solcher Schicksalsschlag bedeutet."Vor 16 Jahren kamen meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben. Für unsere Familie war niemand da. Wir hätten uns einen Ansprechpartner, Trost gewünscht. Bis heute haben meine Verwandten den Verlust nicht verkraftet. Als Betreuer will ich jetzt verhindern, daß anderen Menschen das gleiche passiert."

Gegründet hat die Notfallhilfe der Psychologie-Student Babak Manssouri (28)."Um mein Studium zu finanzieren, fuhr ich auf einem Rettungswagen mit. Oft war mir flau im Magen, weil wir Menschen in ihrer Verzweiflung allein lassen mußten. Ich wollte für Menschen dasein, wenn sie dringend Hilfe brauchen."

In den wichtigsten Stunden nach dem unfaßbaren Unglück stehen die Betreuer Unfall-, Gewaltopfern und Verwandten zur Seite, vermitteln sie dann an Beratungsstellen. Und das schafften die Nothelfer letztes Jahr bei 73 Einsätzen im 150 000 Hektar großen Kreis Barnim."Doch nicht nur Opfer und Verwandte brauchen unsere Hilfe", so Manssouri."Auch Einsatzkräfte melden sich bei uns, weil ihnen die Arbeit an die Nieren geht."

Um Betreuer bei Kid zu werden, müssen künftige Helfer erst ein "Praktikum" bei Polizei und Rettungsdienst bestehen."Wir nehmen sie einen Tag lang mit auf Streife, zeigen ihnen Polizeidienst hautnah am Einsatzgeschehen", so Herbert Hepke.

Der Notfall-Dienst dauert für die Helfer von Kid eine Woche - das bedeutet Tag und Nacht Bereitschaft."Man ist immer auf dem Sprung, der Notfall-Rucksack steht gepackt im Flur", erzählt Wolfgang Rindsfüßer (62).

Ausgerüstet mit Handy, Adressenlisten von Beratungsstellen, einem Plüschtier für Kinder und Zigaretten als Nervenberuhigung, fährt der Rentner zum Einsatzort."Ein Snack ist auch dabei, wenn es mal länger dauert."

Auf Spenden angewiesen

Doch auch die Nothelfer selbst müssen einmal Ballast abwerfen. Alle zwei Monate treffen sie sich im Krankenhaus in Bernau, sprechen Dienstpläne ab, erzählen von ihren Einsätzen."Oft kreisen die Gedanken noch tagelang um die Erlebnisse. In versammelter Runde kann ich alles abladen", sagt Pastor Ralf Dziewas (35).

Bis 1.September wird das Helfer-Team von der Caritas finanziert."Wir zahlen rund 6000 Mark für Fortbildungen und Supervision", sagt Caritas-Regionalleiter Michael Standera (47)."Das ist zuwenig. Ohne Spenden bleibt Kid auf der Strecke. Und die Summen zeigen uns, daß ein solcher Dienst kein Luxus ist, sondern Notwendigkeit."

© Berliner Kurier 1999

 

 

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http://www.krisenintervention-notfallseelsorge.de/pages/presse14.html Last update: 08.06.2009




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